GWRS Schulteam löst Lüftproblem
Lehrer und Schüler der Werkrealschule konstruieren und installieren Ventilatoren-Batterien
Ravensburg (gp) – Man hört sie kaum, so leise surren während des Unterrichts jeweils zehn senkrecht angeordnete kleine Ventilatoren an Schiebefenstern von Klassen- und Fachräumen der Werkrealschule im Bildungszentrum St. Konrad. Es zieht auch nicht und es wird nicht unangenehm kalt. Die einfachen Abluftanlagen lösen das leidige Lüftungsproblem in den Räumen perfekt, befördern kontinuierlich verbrauchte Luft nach draußen, während frische durch ein einziges gekipptes Oberlichtfenster hereinströmt. Nur noch in den Pausen brauchen alle Fenster geöffnet zu werden. Ersonnen und installiert hat dieses System aber nicht etwa eine Fachfirma. Ausgetüftelt, erprobt und angefertigt haben es Andreas Wolf, Lehrer für Technik, Informatik, Wirtschaftslehre und Sport und die Zehntklässler Max Baumbusch, Nico Dzafic, Philipp Metzler und Marco Wagner – und zwar im Werkunterricht.
Inzwischen macht ihr Beispiel Schule. Auch alle anderen Lehrkräfte an der Schule, die wie Andreas Wolf im Fach Technik unterrichten, Jürgen Kneissle, Wolfgang Nawottnik, Daniel Amann, Silke Pfluger und Matthias Platzer, sind im Werkunterricht in das Schulprojekt frische Luft eingestiegen. „Wir planen 30 Einheiten für das gesamte Gebäude“, erzählt Fachlehrer Wolf und gerät förmlich ins Schwärmen, wenn er darauf angesprochen wird, wie denn seine Idee bei seinen Jungs angekommen ist. „Die Schüler sind stolz auf das Erreichte und identifizieren sich damit. Die Dinger werden niemals kaputt gemacht.“ Und er fügt hinzu: „Daran sieht man, was in den Schülern steckt. Das macht allen von uns Spaß und das vergessen die nie.“
An dieser Stelle muss allerdings hinzugefügt werden, dass Andreas Wolf zu den Lehrkräften gehört, die selbst pubertierende Zehnklässler zu motivieren verstehen. Und er gehört zu denen, die viel Freizeit opfern, um ein solches Projekt durchzuziehen. Zunächst hatte er sich erst einmal umfassend kundig gemacht. Einer, der ihn beriet und trotz beruflich bedingter Zeitknappheit immer wieder mit Tipps half, war der Energieberater Christian Roth von der Firma Rotherm in Ebenweiler. Aber auch von anerkannten wissenschaftlichen Institutionen holte sich Andreas Wolf Rat, so vom Max-Planck-Institut für Chemie, das sich mit der Aeosol-Übertragung von Covid-19 und der Ansteckungsgefahr in Innenräumen befasst, sowie dem Hermann-Rietschel-Institut für Energietechnik an der TU Berlin. Dort berät das Team von Professor Martin Kriegel bekanntlich auch die Bundeskanzlerin. Sie ließ auf seine Empfehlung hin in den Sitzungssaal, wo die Kapinettsrunde tagt, stationäre „Regierungslüfter“ einbauen, welche die Raumluft pro Stunde siebenmal komplett austauschen. Das war der Grund dafür, dass die Regierung nicht in Quarantäne geschickt werden musste, nachdem Gesundheitsminister Jens Spahn coronapositiv an einer Sitzung teilgenommen hatte.
Mit dem Lüften verhält es sich laut Professor Kriegel allerdings wie mit der Maske: Das Risiko der Ansteckung lässt sich nur erheblich reduzieren, aber nicht gänzlich eliminieren. Deshalb ist es seiner Meinung nach wichtig, die Personenzahl in Innenräumen und die Aufenthaltszeit zu begrenzen, auch in den Schulen.
Dass er mit seinen Schülern keinen 100-prozentigen Schutz gegen Corona gewährleisten kann, ist auch Lehrer Andreas Wolf klar. Aber seine CO-2-Messgeräte, die ebenfalls vorhanden sind, signalisieren ihm eine weit unter dem Grenzwert liegende Luftbelastung. Aerosolgeschwängerter Mief, unter dem bereits Generationen von Schülern gelitten haben, hat hier keine Chance, was nebenbei den Vorteil hat, dass die Konzentration im Unterricht nicht leidet. Sogenannte C0-2-Ampeln hat der Lehrer auch schon bestellt. Und er hat noch mehr getan, nämlich mit seinen Schülern untersucht, wie sich die durch das gekippte Oberlichtfenster einströmende Frischluft durch den Raum bewegt und wie sie von den Ventilatoren angesogen wieder hinausbefördert wird. Um das sichtbar zu machen, kam eine Nebelmaschine zum Einsatz.
Die selbstkonstruierten Abluftanlagen verursachen nur niedrige Energiekosten und die dafür benötigten Komponenten sind auch nicht teuer. Übernommen hat diese Kosten der Förderverein der Schule. Beim Zusammenbau der Ablüfter konnte Andreas Wolf zurückgreifen auf das Können, das er den Schülern im Werkunterricht in Form von handwerklichen Grundfertigkeiten einschließlich des Umgangs mit elektronischen Elementen bereits früher beigebracht hatte. Inzwischen liefern sie Profiqualität. Schuleiterin Christa Wachter kann auf ihre Truppe jedenfalls stolz sein. Vielleicht, so deutet der Initiator an, stattet sie auch noch die Grundschule in St. Konrad mit ihren Ablüftern Marke Eigenbau aus und sie entwirft noch eine Bauanleitung und vermarktet sie über die Schulfirma. Der Erlös würde dann den beteiligten Schülern zugute kommen.
Quelle: Schwäbische Zeitung (23.11.20)